Am Mittwochabend schloss mit der Anuga die größte Lebensmittelmesse der Welt für die nächsten zwei Jahre erst mal wieder ihre Tore. Fünf Tage lang präsentieren 7.405 Aussteller aus 107 Ländern ihre Produkte und Leistungen aus dem Lebensmittelbereich – und zwar in allen elf Hallen der Kölnmesse (und damit auf stolzen 284.000 m²). Rund 165.000 Besucher aus 198 Ländern waren da. Auch ich, um extra für den EMSA-Blog einen Blick auf und in die Kulissen der Branche zu werfen.
Eins gleich vorweg: Trotz tausenden von Ständen aus nahezu allen Winkeln der Erde hat unsereins heutzutage das meiste zumindest schon mal gesehen und nicht gerade weniges davon auch selbst schon mal gegessen und getrunken. Echte Lebensmittelneuheiten lauerten also nicht an jeder Ecke. Mit der Ernährung ist es im 21. Jahrhundert eben, wie mit so vielem – wir können das Rad nicht jedes Jahr neu erfinden (und auch nicht alle zwei Jahre). Ein paar echte Hingucker und Aha-Erlebnisse gab es aber natürlich dennoch.
Da staunte die Otto-Normalverbraucherin nicht schlecht: Eine ganze Halle war für Tiefkühlprodukte reserviert. Von exotischen Früchten und allerlei Gemüse über Fleisch, Fisch und Fertiggerichte bis zu kleinen feinen Häppchen und Pasteten, Kuchen und kunstvollen Desserts tummelten sich hier nur eisige Leckereien. Von denen die allermeisten aber gar nicht direkt für Privathaushalte, sondern Gastronomie und Handel gedacht sind. Hübsch anzusehen war das allemal und einer der Aussteller versicherte eifrig, dass die Bedeutung von tiefgekühlten Lebensmitteln in Zukunft noch steigen werde. Gerade bei Produkten, die eben nicht aus regionalem Anbau stammen können.
Am Beispiel von Kiwis erklärte er mir dann, dass bei Frischware aufgrund von Transportschäden, zu langer oder falscher Lagerung beim Händler etc. rund 30 % einer Lieferung im Müll landen. Und demzufolge die nach modernsten Standards gleich nach der Ernte schonend tiefgekühlten Export-Früchtchen letztlich die bessere Alternative sind. Bleibt natürlich die Frage nach der höheren ernährungsphysiologischen Wertigkeit. Aber vielleicht ist es damit bei Obst ja ähnlich wie bei Fertiggerichten. Da triumphiert nämlich, egal ob tiefgekühlt oder nicht, weltweit der Geschmack über den gesundheitlichen Aspekt, wie ein renommiertes internationales Marktforschungsinstitut im Lebensmittelsektor herausgefunden hat.
Ok, ich bin zwar seit gleich 30 Jahren passionierte und überzeugte Kaffeetrinkerin und erst in den letzten Jahren überhaupt so ein bisschen auf den Teegeschmack gekommen, aber die hier dargebotene Vielfalt an Tees konnte selbst hartgesottene Kaffeefans kaum völlig kalt lassen. Von losem Tee, ganz sortenrein oder in gefühlt 1000 verschiedenen Blends, bis hin zu welchem in mit Bio-Baumwolle umnähten Portionsbeutelchen aus ungebleichter Maisstärke gab es alles, was eines Teetrinkers Herz höherschlagen lässt. Vieles davon so schön verpackt, dass schon allein der Anblick ein wahrer Genuss ist.
Wer sich hingegen einfach kein Leben ohne Kaffee vorstellen kann, ging aber auch nicht leer aus. Hier zählte ein Aussteller aus den USA zu den interessantesten Entdeckungen. Unter dem Begriff "Cold Brew" ist ja seit einiger Zeit kaltgebrühter Kaffee nicht mehr nur auf der anderen Seite des Atlantiks ein Begriff. Weil es aber hier wie da ganz schön umständlich (weil laaaaaangwierig) ist, diesen buchstäblich coolen Koffeinkick selbst zuzubereiten, bietet eine US-amerikanische Firma ihn mittlerweile im praktischen Trinkfläschchen an. Noch nur in den USA, für 2018 liebäugelt man aber mit einer Produktlancierung in Europa, darunter auch in Deutschland. Als besonders raffinierte Variante für den Gastronomiebereich präsentierten die Amerikaner auf der Anuga den kalten Kaffee frisch gezapft mit Stickstoff angereichert – ein einmalig samtiges Kaffee-Erlebnis!
Alle Vegetarier und Veganer müssen jetzt ganz tapfer sein: Denn allen Veggie-Trends zum Trotz (die auch auf der Anuga nicht nur zu spüren, sondern in Form von zahlreichen Ausstellern stark präsent waren), gab es mit dem "Meat Market" gleich zwei komplette Hallen, in denen sich alles ausschließlich um das Thema Fleisch drehte. Gleichzeitig genießen auf der anderen Seite neben vegetarische und veganen auch Fair Trade- und Bio-Produkte eindeutig anhaltenden Aufwind und immer stärker werdendes Interesse, verbunden mit konkreter Nachfrage.
Gute Nachrichten gibt es auch für alle, die sich aufgrund einer Glutenunverträglichkeit über Nudeln nur selten freuen können: Es tut sich was auf dem Pastamarkt! Zwar enthalten die bei der "taste Innovation Show" vertretenen Eichelnudeln aus Griechenland noch Weizenmehlanteile, im norditalienischen Molvena hingegen wird völlig glutenfreie Pasta aus unter anderem gelben Linsen hergestellt. Bis nach Österreich hat diese Nudelspezialität es schon geschafft – in Deutschland gibt es sie bisher leider noch nicht. Dafür aber immerhin schon mal die ebenfalls glutenfreie (und rein vegane) Grüne-Erbsen-Variante.
Unübersehbar ein Riesenthema: Proteine! Natürlich in Riegeln, nun aber auch in Chips und Eis. Selbst vorm fertigen Coffee to go machen sie inzwischen nicht mehr Halt. Beim x-ten Proteinprodukt-Stand habe ich aufgehört zu zählen. Genau wie irgendwann beim sogenannten "Superfood" – Essen, das uns nicht einfach nur ernährt (und im Idealfall auch gut schmeckt), sondern auch viel schöner, schlauer, fitter und gesünder macht (zumindest laut Hersteller).
Nicht vorenthalten möchte ich euch einen kleinen Auszug aus dem alimentären Kuriositätenkabinett: Grüne Smoothies aus der Tüte, mit griechischem Salat gefüllte Pita-Schnecken, Kartoffelchips mit schwarzem Trüffel, ein Ausdauerdrink aus Kamelmilch und Ingwer, Birkensaft in verschiedenen Geschmacksrichtungen, Gewürzgürkchen in Gin und Whiskey, Räucherlachsscheiben mit Golddekor, vegane Eiscrème aus Grünem Matcha, Döner-Kebab-Steinofenpizza und Fischbällchen aus den Resten der Surimiproduktion – allesamt noch vor der Messe von einer Fachjournalisten-Jury zu den "Top Innovationen des Jahres" gekürt.
Zu meinen persönlichen Anuga-Highlights zählt neben einem ganz großartig schmeckenden Sauerkirschkernöl aus Österreich und Eiscrème-Mochis allem voran ein Snack der wirklich ganz anderen Art: die aus Grillenmehl hergestellten "Pop-Bugs" einer Schweizer Firma. Ich muss gestehen, ich war schon sehr, sehr skeptisch! Aber die Gelegenheit, fachmännisch zubereitete Insektenbällchen zu probieren, hat man schließlich nicht alle Tage. Und was für schätzungsweise zwei Milliarden Menschen schon seit Ewigkeiten zum ganz normalen Speiseplan gehört, hat ja mittlerweile in unsere Breitengrade nicht nur via TV, sondern auch in Form ganzer Kochbücher Einzug gehalten (von denen ich allerdings tatsächlich noch keins in meiner kleinen Kochbuchsammlung habe). Da essbare Insekten wie Grillen, Heuschrecken und Mehlwürmer bei minimalem Fettgehalt reich an Proteinen und Aminosäuren sind, empfehlen die UN und WHO sie zudem schon seit Jahren als Nahrungsmittel. Also ran ans Insekt!
In den nun vorgestellten (und für meinen Geschmack richtig guten) Grillen-Snacks aus der Schweiz stecken volle zwei Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit, wie mir der zuständige Produktmanager verriet. Die Messeresonanz darauf war groß. In unserem Nachbarland werden die ungewöhnlichen Kleinigkeiten (die außerdem Erbsenmehl enthalten und mit einer speziellen Gewürzmischung plus knuspriger Panade verfeinert sind) demnächst im Handel erhältlich sein. Ob auch wir in Deutschland in absehbarer Zukunft in diesen Genuss kommen, hängt nicht zuletzt ganz wesentlich von der Novel Food-Verordnung ab, die in der EU am 1. Januar 2018 verbindlich in Kraft tritt.
Was aber heute bereits feststeht ist, dass die nächste Anuga vom 5. bis 9. Oktober 2019 ihre Tore wieder in Köln öffnen wird; zum dann 35. Mal. Man darf gespannt sein, was sich bis dahin von den Lebensmittelneuheiten aus diesem Jahr vielleicht durchgesetzt hat. Und was die Fachbesucher – und damit irgendwann später eventuell auch uns Endverbraucher – dann erwartet.
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